Das übermalte Stadtbild – Merz’ Rhetorik und das Grau der Ausgrenzung

Merz‘ Rhetorik
Im Zentrum der gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzung steht Merz’ rassistische Formulierung, „wir haben im Stadtbild noch dieses Problem“, womit er auf Menschen mit Migrationshintergrund abzielt. Er diffamiert sie im gleichen Zusammenhang als Gefahr für „unsere Töchter“, worauf er verstärkte „Rückführungen“ als Reaktion ankündigte. Eine dominante politische Kraft versucht, ein buntes urbanes Miteinander in monochrome Linien zu pressen, ein Vorgang, der Ästhetik, Erinnerung und Realität zugleich verzerrt.
Die Stadt wird hier nicht mehr als lebendiger Raum verstanden, in dem Diversität und Begegnung Gestalt annehmen, sondern als Visitenkarte, die normative Ordnung und Konsens verkörpern soll. Merz’ Rede vom „Stadtbild“ bedient sich dabei eines bildhaften Codes. Der Blick richtet sich auf sichtbare Gruppen, wie Migrant:innen. Er weist ihnen eine Funktion zu als Störfaktor in einem kodierten „wir“-Stadtbild. Eine klassische „dog-whistle“-Rhetorik – ein scheinbar harmloses Wort („Stadtbild“), das tiefere ethnische oder kulturelle Zuschreibungen transportiert.
Diese Rhetorik verarbeite ich in diesem Bild. Bunte Stadt, Menschen, die das Leben genießen. Und dann die grauen Sicherheitsleute, die mit verbundenen Augen kommen, die Farben übermalen, während der graue Teil bereits zu bröckeln beginnt. Merz’ Sprache ist genau dieses übermalende Grau: Sie ignoriert nicht die Farbe – sie versucht, sie auszuradieren. Farbenfreude, Multikulturalität, Begegnung werden zum Störgeräusch im politischen Bild einer „geordneten Stadt“. Dabei beginnt das Grau nicht nur bei den neu angerückten Sicherheitskräften. Vielfalt wird nicht als Potenzial gesehen, sondern als Problem. Die Sicherheitskräfte metaphorisch für staatliche Ordnung greifen ein, aber sie betreiben eine Form der Verdrängung. Nicht nur von Menschen, sondern von Realitäten.
Interpretation zu „Stadtbild“
Das ist besonders problematisch, weil hier nicht nur eine politische Aussage getroffen wird, sondern eine Bild- und Raumlogik etabliert wird. „Ordnung“ versus „Unordnung“, „wir“ versus „die Anderen“, Farbe versus Grau. Künstlerisch erinnert dieses Schema an klassische Bild- und Raumkonzepte, in denen pure Farbe als Leben, Grau als Verfall, als Totenfarbe fungiert. Merz hetzt mit diesem Bild – ob bewusst oder unbewusst. Er setzt Migrant:innen und öffentlich sichtbare Vielfalt in die Rolle des „unruhigen Stadtbildes“, das reguliert werden müsse.
Das ist keine harmlose Sprachverwendung, sondern ein Eingriff in die kollektive Sichtweise: Wer entscheidet, wie das Stadtbild aussehen darf? Wer macht die Farbe zur Bedrohung? Wer übermalt das Potenzial hin zu Homogenität? Merz’ Äußerung markiert ein reaktionäres Stadtbild-Ideal, das Vielfalt nicht nur ignoriert, sondern aktiv als Problem bezeichnet, und damit Ausgrenzung produziert.
In diesem KI Bild lässt sich dieses Spannungsverhältnis auf einer metaphorischen Ebene lesen. Die Menschen feiern das Leben, die Farbe steht für Freiheit, Offenheit, Begegnung. Die grauen Sicherheitsleute mit verbundenen Augen sind diejenigen, die nicht sehen wollen, aber handeln. Sie übermalen die Lebendigkeit mit Grau, während der graue Teil schon bröckelt. Ein Vorbote des Untergangs, wenn Vielfalt unterdrückt wird. Anderssein rechtspopulistisch verzerrt als Problem dargestellt. Und wo das reaktionäre Grau kommt, beginnt die Stadt zu zerfallen. Nicht weil Vielfalt scheitert, sondern weil die Vielfalt ausgegrenzt wird.
SH, Karlsruhe 22.10.2025





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