Surreales Umweltkunstwerk über Natur, Vergänglichkeit und den Irrtum des Geldwerts.

Die Szene entfaltet sich wie eine stille Anklage, präzise konstruiert und zugleich tief metaphorisch: Eine menschliche Gestalt sitzt in einer grenzenlosen weißen Weite, deren Abwesenheit eines Horizonts bereits das zentrale Spannungsfeld markiert. Das Fehlen eines natürlichen Rahmens, einer ökologischen Verankerung. Die Figur wirkt ausgetrocknet, ihre Haut löst sich schuppenartig, als wäre sie selbst zu einer Landschaft geworden, die lange ohne Wasser auskommen musste. Diese Verwandlung ist nicht bloß ästhetischer Effekt, sondern ein Symbol für die Konsequenz eines Lebens, das sich vom organischen Ursprung entfremdet hat.
Wenn du denkst, dass die Wirtschaft wichtiger ist als die Umwelt, versuche mal den Atem anzuhalten, während du dein Geld zählst.
Professor Guy McPherson
Interpretation zu „Geldzähler“
Der goldene Zählrahmen vor ihrem Gesicht fungiert als ideologisches Gitter: Die Figur blickt hindurch wie durch ein selbst auferlegtes Messsystem, das die Welt nur in quantifizierbaren Kategorien wahrnimmt. Doch die Schuppen, die sich beim Zählen lösen und zu Staub werden, offenbaren die Absurdität und Zerbrechlichkeit dieses Systems. Der Staub strömt sichtbar in die transparenten Lungen ein: ein drastisches Bild dafür, wie der Versuch, das Leben über Berechnung zu kontrollieren, die eigene Existenz verpestet. Statt Sicherheit erzeugt das Zählen innere Erosion. Statt Ordnung entsteht Erstickung.
Parallel dazu wachsen aus dem Boden wurzelartige, transparente Kanäle, die sich mit dem Körper verbinden. Diese Röhren stehen als fragile Erinnerung an das, was Leben tatsächlich trägt: die Verbindung zur Natur. Einige sind gebrochen, porös, verkümmert. Ein Hinweis darauf, dass diese Verbindung zwar lebensnotwendig ist, aber bereits schweren Schaden genommen hat.
Inmitten dieser Bruchstellen schweben vereinzelte 100-Euro-Scheine durch die Luft, als seien sie bedeutungslose Fragmente eines Systems, das sich selbst überschätzt. Sie haben keine Wirkung auf die Figur, bieten keine Nahrung, keine Luft, keine Heilung. Sie sind nur Symbole eines Wertes, der im Angesicht des existenziellen Mangels keinerlei Relevanz besitzt.
Am oberen Bildrand franst der Himmel aus, als löse sich die Realität selbst auf, sobald ihre natürlichen Grundlagen verschwinden. Die Komposition macht deutlich: Geld ist konstruierter Wert, Natur echter. Was hier verdorrt, ist nicht Wohlstand, sondern Lebensfähigkeit. Die Arbeit fordert damit eine radikale Umwertung der Prioritäten, nicht didaktisch, sondern visuell unumstößlich.
SH, Karlsruhe 19.11.2025





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